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Im
Feber 1992 nahm ich an einer unvergesslichen Reise
nach Ägypten unter der Reiseleitung von Susanne
Mlasko teil. Abgesehen von der Fülle der Eindrücke,
die ich mitnahm und der Freundschaft zu Susanne, die
damals begann, hat mich das Lächeln der Pharaonen zu
Gedanken über den Humor und die ihm innewohnende
Weisheit inspiriert.
Der vollkommene Schwung der Lippen mit einem
ganz leichtem Lächeln in diesen
Jahrtausende alten, weisen und abgeklärten
Gesichtern....
Ich war durch den Halbrund des Lächelns an eine
Schale erinnert, die sich nach oben öffnet, die
aufnahmebereit ist. Die Schale, die an ihrem
tiefsten Punkt mich an die Schwerkraft denken
ließ, weil dort eine Kugel zur Ruhe kommt.
Ich dachte daran, dass Schwerkraft etwas ist,
wonach man sich ausrichtet, eine Kraft auf die
sich das Zentriert-sein bezieht. Im eigenen
Zentrum sein ist in Balance sein, frei von
Kräften, die einen aus der Mitte werfen, wie
Machtgier, Angst oder Habgier. In diesem
Nichtanhaften an diese Kräfte sah ich das
Lächeln sich vertiefen und dachte, es ist
dieses Lächeln aus der inneren Mitte, das nicht
vor der Wirklichkeit zurückschrickt.
Und es ist der Humor, der es ermöglicht,
schwierige Situationen ohne Wegsehen zu
meistern, weil das Lächeln so aufnahmebereit
macht, wie es eine Schale ist. Humor ist für
mich damals zu einem Katalysator geworden, man
begegnet der Wahrheit, gibt ihr Raum, aber man
zerbricht nicht daran. Das betrifft nicht nur,
die Welt um mich, sondern auch die Sicht auf
mich selbst: ein Schuss Selbstironie bewahrt
davor, dass man sich selbst zu wichtig nimmt,
bewahrt vor Engstirnigkeit, - so hoffe ich
zumindest.
Ob
ich davor oder danach in der Biographie von
Valerie Martens über Curt Goetz, ihren Mann
gelesen habe, weiß ich heute nicht mehr. Aber
ich erinnere mich daran, wie sie eine Episode an
seinem Krankenbett gegen Ende seines Lebens
beschreibt, wo es nur um die Frage ging, ob er
eine Tasse Kaffe trinken dürfe und die
Entscheidungsfindung so umständlich
war, dass letzten Endes der Chefarzt mit dem
gesamte Tross der Visite, erschien. Als sie über
diese ganzen Umstände sehr unglücklich ist,
nimmt ihr Mann den Stift zur Hand und macht aus
der peinlichen und frustrierten Episode eine
kleine humorvolle Geschichte, - dieselbe
Situation, nur betrachtet mit einem Lächeln und
damit in einen neuen und entspannten Kontext
gestellt.
Humor ist auch ein wesentliches Element in
unserer Arbeit mit alten Menschen, - es gibt so
viel Situationskomik, die direkt zu den
liebenswerten Seiten der alten und dementen
Menschen führt und ihnen mein Herz eins ums
andere mal öffnet.
Mitunter geht mir dieser leichtfüssige und weise
Humor verloren. Aber dann bin ich auch nicht in
der Mitte und dann hab ich auch kein Lächeln im
Gesicht an dessen tiefstem Punkt die Kugel zur
Ruhe kommen könnte. Aber ich strebe an, diese
Gelassenheit, die ich im Gesicht des Pharaos
gelesen habe, zu meiner zu machen, wieder und
wieder, um Lächeln zu können und dieses alte
Erbe anzutreten.
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